Sexualstörungen sind nach heutiger wissenschaftlicher Auffassung Ausprägungen des Sexualverhaltens bzw. des sexuellen Erlebens, die durch die Betroffenen selbst als "Störung" empfunden werden. Es kann vorkommen, dass eine derartige Störung von Betroffenen gar nicht als solche erkannt wird, da sie sich der möglichen Qualität sexueller Entfaltung gar nicht bewusst sind (also ihr verhältnismäßig eingeschränktes sexuelles Erleben als "normal" empfinden). Die große Bandbreite dessen, was grundsätzlich als "normal" titulierbar ist, führt ferner dazu, daß selbst fundamentale Zustände wie Partnerlosigkeit sowohl als Leidenszustand (wenn ungewollt) als auch als neutral oder sogar positiv (z.B. wenn "freiwillig" gewählt) empfunden werden können. Wenn der Betroffene seine sexuellen Neigungen bzw. das daraus resultierende Verhalten nicht als Störung empfindet, aber Partner bzw. Gesellschaft diese Vorlieben anders bewerten, so kann dieser Konflikt dennoch als Störung wahrgenommen werden. Insgesamt also ist es schwierig, die Randbereiche sexueller Störungen allgemeingültig und wissenschaftlich exakt zu definieren.

Häufige Ursachen für diagnostizierbare sexuelle Störungen sind frühkindliche Störungen, verletzende Erfahrungen im Lebensverlauf, Beziehungsprobleme in der Partnerschaft, körperliche Probleme oder innerpsychische Konflikte im Spannungsfeld zwischen Ansprüchen, Wünschen und realen Möglichkeiten.

Es ist ganz normal, die Freude am Sex zu verlieren, wenn sich im Bett zunehmend Frust statt Lust breitmacht. Eine Sexualberatung hilft dabei, den psychischen Ursachen auf den Grund zu gehen und diese nach Möglichkeit zu beseitigen. Aufgrund der starken Wechselwirkungen zwischen unserer Sexualität und der Psyche können Sexualtherapie und Psychotherapie häufig sogar bei rein organischen Beschwerden im Sexualbereich eine Verbesserung der Symptomatik erreichen.

Sexuelle Probleme sind in einem typischen Lebensverlauf keineswegs etwas Außergewöhliches: statistische Erhebungen deuten darauf hin, daß jeder Mensch im Verlauf seines Lebens zumindest 1x Schwierigkeiten sexueller Art haben dürfte! Um aber nicht womöglich jahrelang oder das ganze Leben lang darauf warten zu müssen, daß das Problem "wie von selbst" verschwindet, ist es ratsam, es nach einigen Wochen ohne deutliche Verbesserung ernst zu nehmen und sich ggf. Unterstützung durch einen Sexualtherapeuten zu holen.

Die häufigsten Beschwerden

  • sexuelle Lustlosigkeit (Appetenzstörung, Libidoverlust) - das Verlangen nach Sex wurde immer geringer oder ist gar nicht mehr vorhanden
  • sexuelle Hemmungen / Blockaden ('Sexual Shyness') - es bestehen Hemmungen oder Blockaden gegenüber dem eigenen oder dem anderen Körper, sexuelle Aktivitäten können aufgrund der Unsicherheiten nicht genossen werden
  • sexuelle Abneigung (sexuelle Aversion) - der Gedanke an Sex wird als unangenehm und abstoßend erlebt, "keine Lust auf Sex"..
  • ausbleibender Orgasmus (Anorgasmie) oder Schwierigkeiten, einen Orgasmus zu erreichen
  • Orgasmus oder Samenerguß mit ausbleibender Befriedigung
  • sexuelle Wünsche oder auch Probleme, die in der Partnerschaft nicht angesprochen werden können
  • Fetischismus oder ausgeprägte andere sexuelle Vorlieben, die nur schwierig ins Leben integriert werden können [Liste]
  • plötzlicher Erregungsabbruch
  • chronische Erektionsstörungen (Fachbegriff: erektile Dysfunktion, auch bekannt als Impotenz): der Penis wird nicht mehr (ausreichend) steif
  • ausbleibende sexuelle Erregung und Lubrikationsstörungen (kein Feuchtwerden der Scheide)
  • vorzeitiger Samenerguß (Ejaculatio praecox) - tritt schon vor dem Einführen in die Scheide oder kurz danach ein
  • ausbleibender Samenerguß (Anejakulation) - trotz Erektion und intensiver Stimulation wird kein Samenerguss erreicht
  • Vaginismus (ugs.: Scheidenkrampf) - aufgrund einer krampfartigen Verengung der Scheidenmuskulatur ist das Einführen des Penis nicht oder nur unter Schmerzen möglich
  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie)
  • Postkoitale Störungen (nachorgastische Reaktion) - Depression, Gereiztheit, innere Unruhe, Wein- oder Lachanfälle, Kopfschmerzen u.a. nach dem Sex
  • sonstige, die Sexualität betreffende Störungen (Störungen der Sexualpräferenz bzw. Paraphilien bzw. sexuelle Deviationen

Keine Sexualstörungen im eigentlichen Sinne, aber mitunter damit verbunden:

  • Hypersexualität / "Sexsucht" (bzw. Sex-Sucht)
  • Porno-Sucht
  • Bordell-Sucht / Prostituierten-Sucht / Bordellsucht
  • Schwierigkeiten, eine(n) PartnerIn zu finden oder langjährige Partnerlosigkeit
  • psychische Störungen mit Querwirkung auf sexuelles Erleben oder Sexualverhalten
  • Störungen der Zeugungsfähigkeit bzw. Fruchtbarkeit oder gänzliche Unfruchtbarkeit. Insbesondere langjähriger, erfolgloser Kinderwunsch kann eine enorme Belastung für ein Paar darstellen - Sexualtherapie oder Paartherapie kann hier bereits eine wichtige entlastende Funktion haben, zusätzlich zu einer Unterstützung hinsichtlich der Ausschaltung etwaiger Ursachen.

 

Ursachen für sexuelle Probleme


Körperliche Ursachen

Männer erleben üblicherweise ab dem Alter von etwa 30 Jahren ein Abfallen der Intensität ihrer sexuellen Bedürfnisse, spätestens ab 50 Jahren auch ihrer sexuellen Leistungsfähigkeit. Dies sind ganz normale körperliche Prozesse, die durch verschiedenste Faktoren (Umwelt, Psyche, Gene, körperl.Defekte,..) verursacht aber auch schon wesentlich früher auftreten können. Aufgrund der möglichen organischen Ursachen ist eine ärztliche Abklärung beim Urologen bzw. Andrologen daher fast in allen Fällen als erster Schritt anzuraten. Läßt sich auf diesem Weg keine Erklärung für die Beschwerden finden, wäre baldmöglichst eine Sexualtherapie indiziert.
Auch bei rein physiologischen Ursachen aber kann eine Sexualtherapie unterstützen und häufig sogar die Symptomatik lindern, da die psychischen Auswirkungen des Problems dieses häufig zusätzlich verstärken.

Bei Frauen finden sich verhältnismäßig selten körperliche Ursachen für Sexualstörungen - abgesehen von Schmerzen beim Sex oder sonstigen unübersehbar organischen Symptomen ist fast immer eine Sexualtherapie bzw. Psychotherapie indiziert.

Psychische Ursachen

Experten sind sich heute einig, daß bei den meisten sexuellen Störungen zwar organische Auffälligkeiten ausgemacht werden können, für diese aber in der überwiegenden Anzahl der Fälle psychische Ursachen zumindest mitverantwortlich sind. Und diese Ursachen sind vielgestaltig: häufig äußern sie sich in Leistungsdruck oder dem Gefühl, bestimmten Erwartungshaltungen oder Normen entsprechen zu müssen - viele Menschen haben verlernt, auf ihre eigenen Bedürfnisse zu hören oder nehmen diese nicht ernst genug. Besonders Männer haben häufig ein geradezu peinigendes Bedürfnis, daß im Bett alles "funktioniert": so greifen immer mehr von ihnen selbst schon in einem Alter von unter 45 Jahren wiederholt zu erektionsfördernden Arzneimitteln wie Viagra oder Cialis, wodurch sich häufig nach einigen Jahren des Arzneimittelgebrauchs auch noch eine zumindest psychologische Abhängigkeit von der Einnahme entwickelt.
Bei Frauen wiederum sind es häufig Schwierigkeiten rund um allgemeine sexuelle Lustlosigkeit oder sexuelle Höhepunkte zu erreichen, unter denen sie mitunter sogar Jahrzehnte leiden - weil sie das Problem lange nicht wichtig genug nehmen oder aus Hemmung, sich diesbezüglich selbst professionellen Beratern zu öffnen.

Probleme auf Paarebene als Ursache

Wenn Konflikte in der Partnerschaft existieren, bleibt das früher oder später nicht ohne Auswirkung auf das Sexualleben des Paares. Es müssen aber gar keine akuten Konflikte vorliegen - auch ungelöste Probleme, unterschiedliche Auffassungen über die gemeinsame Sexualität (Frequenz, Spielarten, Bedürfnisse) können zu sexuellen Problemen bei einem oder beiden Partnern führen, oder wenn über Sexualität nicht oder nur begrenzt gesprochen werden kann. Hier können gemeinsame Sexualtherapie - Stunden bzw. Paartherapie - Stunden gewissermaßen ein "Forum" dafür darstellen, daß unter professioneller Begleitung und Moderation die schwierigen Themen besprochen und gelöst werden können.

 

Sexualtherapie bieten im Krisen-Lösen - Team an:

___

© 2012 r.l.fellner, aktuell gehaltener Originalartikel: https://www.psychotherapiepraxis.at/artikel/sexualtherapie/sexualtherapie_wien.phtml